In den letzten Jahren ihres Studiums an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf beginnt Susanne Ristow mit offenen Reihen von Zeichnungen nach dem Prinzip „endlos zeichnen“. Sie stellt schon beim Studienaufenthalt in Madrid 1993 mit conjuntos oder fragmentos klare Begrenzungen einer künstlerischen Arbeit im Sinne des „offenen Kunstwerkes“ in Frage, und so entstehen im zyklischen Vorgehen des endlosen Zeichnens viele Serien nach dem Prinzip der graphischen Reihung und der Selbstreplikation :
Bethleheminische Figuration (80 Kindersilhouetten aus Gaze/Voile), eine Bodeninstallation mit immer veränderter, zufallsbedingter Anordnung.
Fließ/Band (bisher 100 m lange Papierrolle mit Tuschezeichnungen lebensgroßer Figuren), in dieser Arbeit überläßt Ristow das Zeichnen ganz dem unaufhaltsamen Fluss der Tusche und den daraus entstehenden Linien und Bewegungen, hier fließt ein Bild nach dem anderen davon, aufwärts oder abwärts, das hängt ganz von der Positionierung der endlosen Papierrolle im Raum ab, so dass jede Figur sowohl fallend als auch steigend gezeichnet ist.
Augenblick (Filmanalyse in 298 Tuschezeichnungen des Gesichtes der Hauptdartellerin Maria Falconetti von 4,5minütigen Videostills des SW-Stummfilms „La Passion de Jeanne d’Arc“ von C.Th. Dreyer 1927), auch bei dieser Arbeit handelt es sich um eine großflächige Bodeninstallation, bei der eine Gleichzeitigkeit der verschiedensten Momente des Zeichnens des gleichen, nie gleichen Gesichtes präsentiert wird.
Abgesehen von den hier beschriebenen Arbeiten, in denen jedem Menschenbild ein gewisser Raum auf dem Bildträger (oft Einzelblätter, sonst nur partielle Überschneidungen mit anderen Figuren) zukommt, stellte sich immer auch das Problem, ob es möglich sei, mehr als einen isolierten Menschen in einer bildnerischen Arbeit zu bewältigen, ohne erzählerisch zu werden. Dazu wählte Ristow vielschichtige Überlagerungen unabhängiger Darstellungen auf transparenten Materialien.