Proletarische Pietà | Martin Bochynek
Mit „mammaromamontage“ schuf Susanne Ristow als weiter Auseinandersetzung mit dem Kino eine Sequenz von Bildern, die sich mit einem Klassiker der italienischen Filmkunst analytisch auseinandersetzen. Pier Paolo Pasolinis „Mamma Roma“ bildet hier die Folie, auf der Ristow eine der wenigen glaubwürdigen einsamen Heldinnen der Filmgeschichte (Anna Magnani) als Pendant zu ihren „Einsamen Helden“ als Konzept entwickelt.
DIese neue Werkreihe ist in merhfacher HInsicht bemerkenswert. Ristows Methode der Aneignung von komplexen filmkünstlerischen Produktionen durch Dekonstruktion, Sezierung, Gefrieren und Transformieren von Bewegung in die Gleichzeitigkeit stiller Bilder erscheint hier sehr viel malerischer als in früheren Arbeiten. Die zuvor meist energiegeladene freie Form der oft flüchtigen Zeichnungen ist übergegangen in eine eher kontemplative SW-Malerei mit gelegentlichem Aufblitzen des (videobedingten) Blau des leeren Bildschirmes. Die Rückführung von Film, Projektion, Immaterialität und Lichtphänomen in Substanz, greifbares Bild und damit neues Material erfolgt unter der konzeptuellen Referenz zu Pasolinis Film, schält aber eine deutlich eigenständige künstlerische Haltung hervor. Ideologie und Erzählung werden nebensächlich, die Bilder befreien sich vom Kontext, was bleibt sind quasi zeitlose Bilder menschlicher Existenz. Sehr deutlich werden Unterschiede sowie gesitige Verwandschaft von Film und dessen Anverwandlung in „Animation“, wenn Ristow ihre eigene, schier endlose Arbeit am Einzelbild wieder zu einer filmähnlichen Sequenz als digitale Diashow zurückführt. Als solche liegen inzwische nicht nur die Filmarbeiten Ristows, sondern auch ihr im Aufbau befindliches „Adonis Depot“ vor. Als filmische Pietà bildet „mammaromamontage“, bestehend aus einem Depotwagen mit ca. 80 Bildrollen, einen weiteren wichtigen Teil dieses großangelegten Archiv-Projektes.